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Porcupine Tree: Voyage 34 - The Complete Trip (Review)

Artist:

Porcupine Tree

Porcupine Tree: Voyage 34 - The Complete Trip
Album:

Voyage 34 - The Complete Trip

Medium: CD
Stil:

Psychedelic Rock

Label: Delerium (Reissue: Snapper)
Spieldauer: 63:24
Erschienen: 06.06.2000
Website: [Link]

-How should PORCUPINE TREE be used?-

Auf dem Booklet-Rücken wird ein Spiel mit der scheinbaren Willkürlichkeit des Bandnamens getrieben. PORCUPINE TREE als Medikament? Als sexueller Stimulus? Als Droge? Wie könnte man PORCUPINE TREE heute noch derart profan mit einem bloßen Mittel gleichsetzen? Wo die psychedelisch geprägte Wortneuschöpfung aus "Stachelschwein" und "Baum" doch längst für ungleich Vielschichtigeres steht, ein Medium nämlich, das komplexe Zusammenhänge aufzudecken versucht.

"Voyage 34" zeigt wie kaum eine andere Veröffentlichung die beachtliche Entwicklung auf, die Steven Wilson bei seiner Hauptband vorangetrieben hat. Das Stück, das im Zuge der Aufnahmen zu "Up The Downstair" entstand, ist noch ein reines Experiment ohne feste Grundlage. Musikalisch kokettiert es als Erstes konsequent mit der Tanzbarkeit elektronischer Musik; wo das Debüt "On The Sunday Of Life…" noch Kopfkino zu generieren versuchte, ist "Voyage 34" eher impulsgesteuert. Und was das Inhaltliche, den Drogentrip betrifft: die Platte ist nicht weniger eine Versuchsanordnung als Brians 34. Reise, die sie zum Gegenstand hat. In "Fear Of A Blank Planet" wird das Thema Drogen später viel metaphysischer und vor allem in einem gesellschaftlichen Kontext abgehandelt. Drogen im eigentlichen Wortsinn, als bewusstseinserweiternde Substanz, kommen dort allenfalls als Randnotiz vor - in "Voyage 34" dagegen sind sie, oder vielmehr ihr Wirken im menschlichen Körper, jedoch Zentrum der Aufmerksamkeit. Der Auslöser des Trips, das LSD, wird sogar beim Namen genannt.

Die inhaltliche Reichweite des in vier Phasen untergliederten Longtracks (dessen Phasen III und IV allerdings Remixes sind, die ein Jahr später zum Originalstück hinzugefügt wurden) bleibt dadurch weitgehend auf seine halluzinatorische Fixierung beschränkt. Mehr als ein postmodernes Psychedelic-Rock-Album kann Wilson aufgrund der Wahl der Erzählerperspektive kaum gelingen. Einen nach "Twilight Zone" klingenden Off-Kommentator lässt er höchst unterhaltsam jeden Schritt beschreiben, den Brian zunächst aktiv ausführt und dann später passiv erlebt. Einfach alles, der zwischen Beobachter- und Egoperspektive wechselnde Begleittext, die plakativ in den Mittelpunkt gerückten Pillen, das wabernd-lineare Layoutgerüst, Pilze, Bewegungsandeutungen und gruselige 60er-Jahre-Plakatmotive, die auch NO-MANs "Wild Opera" gut stehen, alles ist auf eine Hommage an die Anfänge des Psychedelic Rocks ausgerichtet. Alles – bis auf die Musik.

"This remarkable, sometimes incoherent transcript illustrates a phantasmagoria of fear, terror, grief, exaltation and finally breakdown" – dieses Versprechen wird auf der ersten Bookletseite gegeben, kann anschließend aber nicht eingehalten werden. Derweil Brians Trip voranschreitet, arbeitet Wilson zunehmend mit Ellipsen, repetitiven Gitarrenmanövern und fluoreszierenden Hintergrundeffekten, um anhand seiner Musik Farben und Bewegungsformen zu illustrieren. Dies gelingt ihm allenfalls aus der unbeteiligten Beobachterperspektive heraus – weder ist "Voyage 34" Angst einflößend noch folgt es einer anderen Gefühlsregung, die Brian während einer der vier Phasen erlebt. Im Gegenteil suggeriert der Einstieg in "Phase I" sogar, dass man in einem Theater sitzt und in Kürze einem sicherlich bunten, nichtsdestotrotz gestellten Schillerspiel beiwohnen wird, das im besten Fall an den Spacetrip aus "2001 – A Space Odyssey" erinnert – wie bei Kubricks Film allerdings aus derselben Distanz erlebt, die ein Fernseher erzeugt.

Und so hoch die Spannung sein mag, die "Phase I" mit dunklen Bassläufen und trippelnder Gitarre aufbaut, sie fällt in der vollen Stunde, die einen 12-Stunden-Trip komprimiert wiedergeben soll, immer wieder in sich zusammen oder läuft in eine kontraproduktive Richtung. So klingt das letzte Drittel von "Phase II" mit seinen AOR-Soli zwar majestätisch nach Stadion, entfernt sich aber zunehmend aus dem Kopf des Halluzinierenden. Die Trance-Elemente, die ASTRALASIA in ihrem "Phase III"-Remix einbringen, sind ohnehin Geschmackssache. Wilson und Barbieri kehren mit "Phase IV" schließlich wieder in die Theateratmosphäre zurück, während Brian runterkommt – lassen sein Herz schlagen, bringen die Umgebungsgeräusche zurück, lassen ein bedrohliches Wummern im Hintergrund erst an- dann abschwellen.

FAZIT: Die musikalische Seite von "Voyage 34" ist tatsächlich verhältnismäßig uninteressant. Etwas INCREDIBLE EXPANDING MINDFUCK, etwas Psychedelic-Rock-Postmoderne, ein Hauch von Konzeptalbumflair und ein paar Experimente mit artfremden Musikstilen - zwischendrin viel Langeweile beim Konsum der kaum hypnotisierenden Motivwiederholungen, die PORCUPINE TREE auf ihren anderen frühen Alben wesentlich besser hinbekommen haben. Spannender ist da schon der stellenweise an Aronofskys "Requiem For A Dream" erinnernde Begleittext, der am Ende unerwartet sogar aus seiner Fixierung auf den Drogeneffekt heraustritt und die gesellschaftlichen Zusammenhänge streift ("I'm just… I'm just scared… you know?" / "Is this trip really necessary?"), die Jahre später mit "Fear Of A Blank Planet" perfektioniert wurden.

Sascha Ganser (Info) (Review 8142x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 6 von 15 Punkten [?]
6 Punkte
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Tracklist:
  • Phase I
  • Phase II
  • Phase III
  • Phase IV

Besetzung:

  • Sonstige - Steven WIlson (Alles), Richard Barbieri (Synthesizer)

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